Anfang des Jahres hat das OLG Hamburg eine wichtige Entscheidung im Bereich des Open Soure Rechts getroffen. In dieser Entscheidung ging es vor allem um die Fragestellung, welche Rechte Bearbeitern von bereits bestehenden Open Source Bestandteilen zustehen und welche Vorgaben diese zu erfüllen haben um Urheberrechte an der veränderten Software ausüben zu können. Hierfür legte das OLG Hamburg im vorliegenden Fall die Messlatte sehr hoch an und sah beim Kläger, einem Bearbeiter von Bestandteilen des Linux Kernel, bereits keine erforderliche Aktivlegitimation. Nach Ansicht des OLG Hamburg, war es dem Kläger nicht gelungen darzulegen und zu beweisen, dass er schutzfähige Bearbeitungen zu Linux beigetragen bzw. vorhandene Teile bearbeitet hat und die Beklagte diese Bearbeitungen oder Teile von diesen in ihre größtenteils proprietäre Software Lösung übernommen hatte. Das Gericht forderte vom Kläger, dass dieser darlegen müssen, dass dessen konkrete Programmierung im Rahmen der Bearbeitung eines Computerprogramms über eine Durchschnittsprogrammierleistung hinausgehen, sich von einer rein handwerklichen Programmierung abheben und für sich genommen eine ausreichende Komplexität aufweist. hierfür ließ es das OLG Hamburg nicht ausreichen, dass der Kläger versuchte darzulegen, dass er wesentlichen Beiträge zu Teilen des Linux Kernels geleistet habe, indem er:
- Auf ein Git-Repository verwies, in dem ohne weiteres, vorbehaltlich vertiefter IT-Kenntnisse, nachvollzogen werden konnte, welchen Entwicklungsbeitrag er zum Linux Kernel geleistet hat.
- Den gesamten Source Code des Linux Kernels vorlegte, es jedoch unterlies, näher zu spezifizieren, welche Teile und Überarbeitungen von ihm stammten und für die Urheberrechhtsschutz begehrt werde.
- einen Source Code Vergleich durchführte, ohne die Anteile der von ihm überarbeiteten Codebestandteile und Funktionen näher zu spezifizieren.
Darüber hinaus sah das OLG Hamburg in der Nutzung etwaiger Codeanteile des Klägers durch die Beklagte eine freie Nutzung nach § 24 UrhG. Dies leitete das Gericht, gestützt auf der Annahme, dass der vom Kläger übernommene Code keine oder wenn überhaupt nur sehr geringe Schutzhöhe erreicht, aus einer quantitativen Analyse der übernommenen Codebestandteile mit dem Gesamtcode der von der Beklagten vertriebenen Software ab (Das Verhältnis von Code des Klägers zum Code der Gesamtsoftware „ESXi“ der Beklagten betrug 0,012%).
Zu wesentlichen und auch weitaus interessanteren Fragestellungen, wie beispielsweise den Vorgaben für eine den „Copyleft-Effekt“ der GPL v2.0 auslösenden Verbindung von GPL v2.0 lizenziertem Code mit weiteren Softwarebestandteilen, musste das Gericht nicht Stellung nehmen, da es auf Grund des gewählten Weges über die Aktivlegitimation auf diese Fragestellung in der Entscheidung nicht mehr ankam.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Unternehmen, die Linux oder Teile dieses in eigene Software integrieren, aufatmen können, da Ihnen die Hamburger Richter einige Mittel an die Hand gegeben haben um Klagen von Rechteinhabern von Open Source Software entgegenzutreten. Da die Entscheidung jedoch keinen Freischein für die Nutzung von Linux oder anderen Open Source Programmen gibt, sollte weiterhin bereits bei der lizenzkonformen Einbindung von Open Source Software angesetzt werden um Verfahren wie das vor dem OLG Hamburg zu vermeiden.
Ausführlicher kommentiert: Galetzka / Hackel, MMR 7 / 2019, S. 452.