BGH billigt Inkasso-Legal-Tech wenigermiete.de

Der BGH hat heute in einem richtungsweisenden Urteil der Legal-Tech-Branche neue Hoffnung verschafft: Er hat entschieden, dass das Unternehmen Lexfox mit seiner Plattform wenigermiete.de Inkassodienstleistungen im Rahmen der erteilten Erlaubnis und daher keine unerlaubten Rechtsdienstleistungen erbringe. Die heute veröffentlichte Pressemitteilung dazu findet sich hier.

Zu den Hintergründen des Urteils: Die Lexfox GmbH ist als Inkassodienstleisterin beim Kammergericht Berlin registriert. Auf der von ihr betriebenen Plattform wenigermiete.de prüft Lexfox u.a., für den Nutzer kostenlos, mithilfe eines „Mietpreisrechners“, ob der Nutzer aktuell zu viel Miete für seine Wohnung am konkreten Ort bezahlt. Geworben wird damit, dass Rechte von Wohnraummietern aus der Mietpreisbremse „ohne Kostenrisiko“ durchgesetzt werden. Im Gegenzug verlangt Lexfox hierfür im Erfolgsfall eine Vergütung in Höhe eines Drittels der ersparten (Jahres-)Miete.

Lexfox hatte in diesem Zusammenhang im Auftrag eines Mieters zur Rückforderung zuviel gezahlter Miete Klage gegen eine Wohnungsgesellschaft erhoben und in erster Instanz vor dem Amtsgericht Lichtenberg Recht bekommen. In der Berufungsinstanz wurde diese Entscheidung jedoch aufgehoben und der Gegenseite Recht gegeben. Das Berufungsgericht LG Berlin sah in der Tätigkeit von Lexfox einen Verstoß gegen das RDG und somit, mangels wirksamer Abtretung, keine Aktivlegitimation von Lexfox gegeben.

Der BGH sah dies nun anders und brachte dabei auch mehr Klarheit in die seit einiger Zeit diskutierte Frage der Reichweite der Inkassoerlaubnis gem. § 10 RDG. Der Begriff „Inkassodienstleistung“ sei nach dem BGH weit zu verstehen und gerade nicht so eng wie dies das Berufungsgericht gesehen hatte und auch von einem Teil der Instanzgerichte und der Literatur vertreten wird. Die zu beurteilende Tätigkeit von Lexfox sei somit von der erteilten Erlaubnis gedeckt, was durchaus zu begrüßen ist, zumal eine solche Erlaubnis ja auch eine für genügend befundene Sachkunde voraussetzt. Der BGH stützt sich dabei einerseits auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2002, in dem hervorgehoben wurde, dass Inkassodienstleistungen grds. die „umfassende und vollwertige substantielle Beratung des Rechtsuchenden“ meine, wenn auch nur auf die außergerichtliche Einziehung von Forderungen bezogen. Andererseits verweist der BGH auf die Intention des Gesetzgebers, der das RDG in zukunftsfester Gestaltung und offen für die Entwicklung neuer Berufsbilder und damit insbesondere die weitere Entwicklung des Rechtsberatungsmarktes ausgestaltet wissen wollte.

Weiter entschied der BGH, dass kein Wertungswiderspruch zum anwaltlichen Berufsrecht entstehe, wenn ein Inkassodienstleister auf Erfolgshonorarbasis arbeitet. Dieser sei im Gegensatz zu Rechtsanwälten gerade kein Organ der Rechtspflege und sei deshalb von entsprechenden Verbotsnormen bzgl. der Vereinbarung eines Erfolgshonorars und der Kostenübernahme ausgenommen.

Damit steht fest, dass der Rechtsmarkt zunächst weiterhin offen bleibt für Legal-Tech-Plattformen wie z.B. auch Flightright und geblitzt.de, die auf Basis eines Erfolgshonorars als Inkassounternehmen tätig werden.

Darüber hinaus deuten wir die bisher bekannten Informationen zum Urteil aber auch dahingehend, dass der BGH hier in einer Wertungsfrage, die er aus einer rein dogmatischen Sicht durchaus auch anders hätte entscheiden können, eine Entscheidung pro Digitalisierung und Zukunftsoffenheit des Rechtsberatungsmarktes getroffen hat – das macht durchaus Hoffnung für die Legal-Tech-Branche insgesamt …