22.10.2014 – Die BSA verspricht Geldprämien von bis zu 10.000,00 € für Arbeitnehmer, die ihr Unternehmen wegen illegaler Software melden. Spiegel Online berichtete („Belohnung fürs Anschwärzen“) über die Hintergründe der Aktion und die Reaktionen im Netz. Wir wollen die rechtliche Lage beleuchten. Der vermeintlich anonyme Tipp kann für den Whistleblower nämlich mit Strafverfolgung enden.
Die BSA versichert in großem Schriftgrad, dass Hinweise vertraulich behandelt werden, um die potenziellen Melder zur Abgabe der Anzeige zu motivieren. Tatsächlich dürfte dieses Versprechen nicht lange reichen, wenn der angeschwärzte Arbeitgeber seinerseits Anzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Geheimnisverrats erstattet. Die vermeintliche Zivilcourage kann sich dabei schnell zum Bumerang entwickeln.
Der Verrat von Geschäftsgeheimnissen ist im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb für Arbeitnehmer mit Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bedroht (§ 17 UWG). Der Umstand, dass in einem Unternehmen unlizenzierte Software verwendet wird, stellt dabei regelmäßig ein Betriebsgeheimnis dar, wenn es außerhalb des Unternehmens nicht allgemein bekannt ist. Weiteres Tatbestandsmerkmal ist entweder die Absicht, dem Unternehmen Schaden zuzuführen oder Eigennutz – z.B. um eine Prämie zu bekommen. Mit der Auslobung einer Belohnung hat die BSA dafür gesorgt, dass an diesem subjektiven Tatbestandsmerkmal kaum noch Zweifel bestehen bleibt. Ein Arbeitnehmer hat also gute Chancen, sich mit der Anzeige strafbar zu machen, mindestens ein Ermittlungsverfahren gegen sich zu fördern.
Die BSA müsste auf Anfrage der Staatsanwaltschaft sämtliche bei ihr vorliegenden Daten herausgeben, wenn sie einer Durchsuchung und Beschlagnahme entgehen will. Die Berufung auf Informantenschutz steht der BSA nicht zu. So wird natürlich auch der Arbeitgeber Kenntnis von dem Whistleblower erhalten. Bei Kündigungen sind die Arbeitsgerichte jedoch zurückhaltend.
Gelegentlich wird argumentiert, dass der Verrat von Geschäftsgeheimnissen als rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB gerechtfertigt sein könnte, wenn durch den Verrat ein höherrangiges Rechtsgut geschützt wird. Bei Gefahren für Leib und Leben, der Bestechung von Amtsträgern oder der Verbreitung von Kinderpornografie dürfte die Rechtfertigung meistens durchgreifen. Bei der Verletzung von Urheberrechten halten wir das jedoch für eher fraglich – da kommt es sicher auch auf den Umfang an.
Eine weitere Strafbarkeit kann für den rachsüchtigen Arbeitnehmer entstehen, wenn er in seiner Anzeige ein wenig über das Ziel hinaus schießt. Sollte sich ergeben, dass der von ihm vorgebrachte Sachverhalt nicht vollständig der Wahrheit entspricht, ist er ohne jegliche Chance auf Rechtfertigung wegen übler Nachrede oder Verleumdung verantwortlich. Dazu kann es bereits ausreichen, dass der Anzeigenerstatter das Ausmaß der Lizenzverletzungen übertreibt oder schlichtweg übersieht, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt der Anzeigenerstattung die nötigen Lizenzen erworben hatte.
Die Einhaltung von Lizenzbedingungen ist sicherlich ein gutes Ziel. Die Anzeige bei der BSA hingegen ein für die Angesprochenen sehr gefährliches Mittel. Wir würden Arbeitnehmern dringend raten, sich vor einer solchen Anzeige genau abzusichern.
Ist der Aufruf zum Anschwärzen möglicherweise sogar selbst eine Straftat nach § 111 StGB? Diese Frage überlassen wir der zuständigen Staatsanwaltschaft in München, die wir um die objektiven Überprüfung des Sachverhaltes bitten möchten.
Update:
Die Facebook-Seite mit der die Meldeseite beworben wurde, ist derzeit offline. Meldungen werden aber weiterhin entgegen genommen. Nach unserer derzeitigen Einschätzung machen sich Arbeitnehmer nach § 17 UWG strafbar, die ihre Unternehmen an die BSA melden.
Wir würden der BSA raten, ihre Informanten besser zu schützen, um strafbare Meldungen zu verhindern. Ansonsten treibt die BSA ihre Informanten in die Strafverfolgung, sobald das belastete Unternehmen selbst Anzeige erstattet.